English: Taking of evidence, Español: Recopilación de pruebas, Português: Colheita de provas, Français: Recueil de preuves, Italiano: Acquisizione di prove
Beweisaufnahme bezeichnet im polizeilichen Kontext den Gesamtprozess der Ermittlung, Sicherung, Dokumentation und Auswertung von Tatsachen und Gegenständen, die geeignet sind, in einem späteren Gerichtsverfahren die Täterschaft oder den Tathergang zu beweisen. Sie ist der Kern der polizeilichen Ermittlungsarbeit im Rahmen der Strafprozessordnung (StPO).
Allgemeine Beschreibung
Die Beweisaufnahme findet primär im Ermittlungsverfahren statt und wird unter der Leitung der Staatsanwaltschaft von der Polizei durchgeführt. Der Zweck ist die Wahrheitsfindung und die Erstellung einer gerichtsfesten Beweislage. Die Polizei agiert dabei als Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft (§ 163 StPO).
Dabei geht es nicht nur um physische Spuren, sondern um alle Erkenntnisse, die später vor Gericht als Beweismittel dienen können. Die polizeiliche Beweisaufnahme muss stets den Grundsatz der Legalität und die Verhältnismäßigkeit beachten, da rechtswidrig erlangte Beweise einem Beweisverwertungsverbot unterliegen können.
Anwendungsbereiche
Die polizeiliche Beweisaufnahme kommt bei jeder Straftat und Ordnungswidrigkeit zum Einsatz und umfasst folgende Methoden:
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Spurensicherung und -analyse: An Tatorten (z. B. Einbruch, Tötungsdelikt, Verkehrsunfall) werden Fingerabdrücke, DNA, Faserspuren und andere materielle Beweise gesucht, gesichert und zur kriminaltechnischen Untersuchung (KTU) weitergeleitet.
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Zeugen- und Beschuldigtenvernehmung: Die detaillierte Befragung von Personen, um Aussagen als Beweismittel zu gewinnen. Die Dokumentation erfolgt durch Protokolle.
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Sicherstellung und Beschlagnahme: Die rechtmäßige Inbesitznahme von Gegenständen (z. B. Waffen, Dokumente, Datenträger) und Vermögenswerten, die als Beweis oder Tatmittel dienen können.
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Einsatz technischer Mittel: Dazu gehören Telefonüberwachung (TKÜ), Online-Durchsuchungen oder die Auswertung von Videoüberwachungsaufnahmen (Bodycams, öffentliche Kameras).
Medienpräsenz
Der Begriff 'Beweisaufnahme' gelangte im Oktober 2025 primär durch die mediale Berichterstattung über die Beschleunigung der grenzüberschreitenden digitalen Beweismittelgewinnung in der EU in den Fokus der Öffentlichkeit.
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E-Evidence-Gesetzgebung: Die Bundesregierung hatte im Herbst 2025 Pläne zur nationalen Umsetzung des EU-E-Evidence-Pakets zur schnelleren grenzüberschreitenden Anforderung digitaler Beweismittel (Chatverläufe, E-Mail-Inhalte, IP-Adressen) beschlossen. Dies führte zu einer intensiven Debatte über Datenschutz und rechtsstaatliche Kontrolle bei der polizeilichen Beweisaufnahme im digitalen Raum.
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Technologie und KI: Darüber hinaus wurde im Rahmen von Fachtagungen (wie dem IT-Strafrechtstag) die Frage diskutiert, wie Künstliche Intelligenz (KI) die Beweissicherung und -auswertung, insbesondere in der digitalen Forensik, beeinflusst und welche rechtlichen Anforderungen an durch KI gesicherte Beweise zu stellen sind.
Spezielles: Die Kette der Beweismittel
Ein wichtiges Konzept in der polizeilichen Beweisaufnahme ist die "Chain of Custody" (Beweismittelkette). Sie beschreibt die lückenlose Dokumentation aller Schritte, die ein Beweismittel von seiner Entdeckung am Tatort bis zur Vorlage vor Gericht durchläuft.
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Lückenlosigkeit: Es muss jederzeit nachvollziehbar sein, wer wann welchen Beweis wo gesichert, transportiert, gelagert oder untersucht hat.
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Ziel: Die Kette soll sicherstellen, dass das Beweismittel unverfälscht ist und keine Verwechslung stattgefunden hat. Eine unterbrochene Kette kann zur Unverwertbarkeit des Beweises führen.
Bekannte Beispiele
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Daktyloskopie: Die Aufnahme und Analyse von Fingerabdrücken zur Identifizierung einer Person.
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Video-Forensik: Die Auswertung von Überwachungskameras zur Rekonstruktion des Tathergangs und zur Täteridentifizierung.
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Digitale Forensik: Die Sicherung und Analyse von Daten auf Mobiltelefonen, Computern und Cloud-Diensten, um digitale Spuren wie Kommunikationsinhalte zu gewinnen.
Risiken und Herausforderungen
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Beweisverwertungsverbote: Ein zentrales Risiko. Verstoßen Polizeibeamte gegen grundrechtliche Vorgaben (z. B. unzulässige Durchsuchung, rechtswidrige Telefonüberwachung), kann das Gericht die Verwertung der Beweise im Strafverfahren ablehnen.
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Digitale Spurenflut: Die exponentiell wachsende Menge an digitalen Daten (Smartphones, IoT-Geräte, Social Media) stellt die Speicherkapazität und die Analytik der Polizei vor immense logistische und technische Herausforderungen.
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Manipulation: Die Gefahr der Manipulation von digitalen Beweismitteln (Deepfakes, veränderte Metadaten) erfordert ständig neue und verbesserte Sicherungs- und Authentifizierungsmethoden.
Ähnliche Begriffe
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Ermittlungsverfahren: Der Verfahrensabschnitt, in dem die Beweisaufnahme durch die Polizei und Staatsanwaltschaft stattfindet.
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Spurensicherung: Ein Teilbereich der Beweisaufnahme, der sich auf die Sicherung materieller Spuren am Tatort konzentriert.
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Kriminaltechnik (KTU): Die wissenschaftliche Einheit, die gesicherte Spuren analysiert und Gutachten erstellt.
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Beweismittel: Der gesicherte Gegenstand oder die Tatsache, die zur Beweisführung vor Gericht herangezogen werden soll (z. B. Zeugenaussage, DNA-Spur, Urkunde).
Zusammenfassung
Die Beweisaufnahme ist der prozessuale und technische Kernbereich der polizeilichen Ermittlungsarbeit. Sie umfasst die Erhebung, Sicherung und Dokumentation aller relevanten Tatsachen und Spuren, um eine gerichtsfeste Grundlage für die Strafverfolgung zu schaffen. Insbesondere im Oktober 2025 stand die Beweisaufnahme im Kontext der Digitalisierung und der europäischen Zusammenarbeit bei der Gewinnung elektronischer Beweismittel im Fokus der öffentlichen und politischen Diskussion.
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