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Der Begriff Störer spielt im polizeilichen Kontext eine zentrale Rolle, insbesondere bei der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Er bezeichnet eine Person oder eine Gruppe, die durch ihr Verhalten eine Störung verursacht oder eine Gefahrensituation herbeiführt, die ein polizeiliches Einschreiten erforderlich macht. Die rechtliche Einordnung und die damit verbundenen Maßnahmen sind dabei eng mit dem Polizeirecht und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verknüpft.

Allgemeine Beschreibung

Im polizeirechtlichen Sinne ist ein Störer eine natürliche oder juristische Person, die durch ihr Handeln oder Unterlassen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung herbeiführt. Die Polizei ist befugt, gegen den Störer vorzugehen, um die Gefahr abzuwehren oder zu beseitigen. Dabei wird zwischen dem Verhaltensstörer und dem Zustandsstörer unterschieden, wobei diese Differenzierung für die rechtliche Verantwortlichkeit und die Auswahl der polizeilichen Maßnahmen entscheidend ist.

Der Verhaltensstörer ist eine Person, die durch ihr aktives Tun oder pflichtwidriges Unterlassen eine Gefahr verursacht. Beispiele hierfür sind Lärmbelästigungen, Sachbeschädigungen oder die Blockade öffentlicher Verkehrswege. Die Verantwortlichkeit des Verhaltensstörers ergibt sich direkt aus seinem Verhalten, das die Störung hervorruft. Im Gegensatz dazu ist der Zustandsstörer eine Person, die für eine Sache oder einen Zustand verantwortlich ist, von dem eine Gefahr ausgeht. Dies kann beispielsweise der Eigentümer eines baufälligen Gebäudes sein, das einzustürzen droht. Die Zustandsstörerschaft setzt voraus, dass die Person die tatsächliche oder rechtliche Gewalt über die gefährliche Sache ausübt.

Die polizeiliche Inanspruchnahme eines Störers unterliegt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dies bedeutet, dass die Maßnahmen der Polizei geeignet, erforderlich und angemessen sein müssen, um die Gefahr abzuwehren. Zudem ist die Polizei verpflichtet, zunächst den Störer selbst zur Beseitigung der Gefahr aufzufordern, bevor sie selbst tätig wird. Nur wenn dies nicht möglich oder nicht erfolgversprechend ist, darf die Polizei unmittelbaren Zwang anwenden.

Die rechtliche Grundlage für die Inanspruchnahme von Störern findet sich in den Polizeigesetzen der Länder sowie im Bundespolizeigesetz. Diese Gesetze regeln die Voraussetzungen und Grenzen polizeilichen Handelns und stellen sicher, dass die Grundrechte der Betroffenen gewahrt bleiben. Die Polizei muss dabei stets zwischen dem Schutz der öffentlichen Sicherheit und den individuellen Freiheitsrechten abwägen.

Rechtliche Grundlagen und Abgrenzung

Die Unterscheidung zwischen Verhaltens- und Zustandsstörer ist in der polizeirechtlichen Praxis von großer Bedeutung, da sie die Grundlage für die Auswahl der polizeilichen Maßnahmen bildet. Während der Verhaltensstörer direkt für sein Handeln verantwortlich gemacht wird, ergibt sich die Verantwortlichkeit des Zustandsstörers aus seiner Beziehung zu einer gefährlichen Sache oder einem gefährlichen Zustand. Diese Differenzierung ist in den Polizeigesetzen der Länder verankert, die sich an den Musterentwurf eines einheitlichen Polizeigesetzes (MEPolG) anlehnen.

Ein weiterer wichtiger Begriff im Zusammenhang mit der Störereigenschaft ist der Nichtstörer. Hierbei handelt es sich um eine Person, die weder durch ihr Verhalten noch durch einen Zustand eine Gefahr verursacht, aber dennoch von polizeilichen Maßnahmen betroffen sein kann. Die Inanspruchnahme eines Nichtstörers ist nur in Ausnahmefällen zulässig, beispielsweise wenn eine gegenwärtige Gefahr für hochrangige Rechtsgüter wie Leib oder Leben besteht und keine anderen Mittel zur Abwehr der Gefahr zur Verfügung stehen. In solchen Fällen muss die Polizei jedoch sicherstellen, dass der Nichtstörer für die ihm entstandenen Nachteile entschädigt wird.

Die polizeiliche Verantwortlichkeit kann auch mehrere Personen gleichzeitig treffen. So kann beispielsweise bei einer Demonstration sowohl der Veranstalter als auch einzelne Teilnehmer als Verhaltensstörer in Anspruch genommen werden, wenn durch ihr Verhalten eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit entsteht. In solchen Fällen ist die Polizei befugt, gegen alle Beteiligten vorzugehen, die zur Entstehung der Gefahr beigetragen haben.

Normen und Standards

Die polizeiliche Inanspruchnahme von Störern unterliegt verschiedenen rechtlichen Vorgaben, die in den Polizeigesetzen der Länder sowie im Bundespolizeigesetz geregelt sind. Diese Gesetze orientieren sich an den Grundsätzen des Verwaltungsrechts und des Verfassungsrechts, insbesondere an den Grundrechten der Betroffenen. Ein zentraler Standard ist der bereits erwähnte Musterentwurf eines einheitlichen Polizeigesetzes (MEPolG), der als Vorlage für die Polizeigesetze der Länder dient. Weitere relevante Normen sind die Landesverfassungen sowie das Grundgesetz, das die Grenzen polizeilichen Handelns festlegt.

Ein wichtiger rechtlicher Rahmen ist zudem die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK), die in Deutschland als einfaches Bundesrecht gilt. Artikel 5 EMRK garantiert das Recht auf Freiheit und Sicherheit und begrenzt die Möglichkeiten der Polizei, Personen in Gewahrsam zu nehmen. Artikel 8 EMRK schützt das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens und setzt damit Grenzen für polizeiliche Maßnahmen, die in die Privatsphäre eingreifen. Die Polizei muss daher stets prüfen, ob ihre Maßnahmen mit diesen internationalen Standards vereinbar sind.

Anwendungsbereiche

  • Veranstaltungen und Versammlungen: Bei öffentlichen Veranstaltungen oder Versammlungen kann die Polizei Personen als Störer in Anspruch nehmen, wenn diese durch ihr Verhalten die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährden. Dies kann beispielsweise durch aggressive Handlungen, Sachbeschädigungen oder die Blockade von Rettungswegen geschehen. Die Polizei ist in solchen Fällen befugt, Platzverweise auszusprechen, Gewahrsamnahmen durchzuführen oder die Veranstaltung aufzulösen.
  • Lärmbelästigungen: Lärmbelästigungen, die die Nachtruhe stören oder gesundheitsschädlich sind, können ebenfalls zur Einstufung als Störer führen. Die Polizei kann hier gegen den Verursacher vorgehen, indem sie beispielsweise eine sofortige Unterlassung des Lärms anordnet oder Bußgelder verhängt. In besonders schweren Fällen kann auch eine Gewahrsamnahme in Betracht kommen.
  • Sachbeschädigungen und Vandalismus: Personen, die durch Sachbeschädigungen oder Vandalismus eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit verursachen, können als Verhaltensstörer in Anspruch genommen werden. Die Polizei ist befugt, den Täter festzunehmen, Beweismittel zu sichern und Anzeige zu erstatten. Zudem kann sie den Störer zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands verpflichten.
  • Gefahren durch gefährliche Gegenstände oder Zustände: Wenn von einer Sache oder einem Zustand eine Gefahr ausgeht, kann der Eigentümer oder Besitzer als Zustandsstörer in Anspruch genommen werden. Dies betrifft beispielsweise baufällige Gebäude, unsichere Baustellen oder gefährliche Abfälle. Die Polizei kann hier die Beseitigung der Gefahr anordnen oder selbst Maßnahmen ergreifen, um die Gefahr abzuwehren.
  • Verkehrsstörungen: Personen, die durch ihr Verhalten den Straßenverkehr gefährden, können ebenfalls als Störer eingestuft werden. Dies umfasst beispielsweise das Blockieren von Straßen, das Fahren unter Alkoholeinfluss oder das Verursachen von Unfällen. Die Polizei ist befugt, den Störer aus dem Verkehr zu ziehen, den Führerschein einzuziehen oder Anzeige zu erstatten.

Bekannte Beispiele

  • G20-Gipfel in Hamburg (2017): Während des G20-Gipfels in Hamburg kam es zu massiven Ausschreitungen, bei denen zahlreiche Personen als Störer eingestuft wurden. Die Polizei nahm mehrere hundert Personen in Gewahrsam, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten. Die Maßnahmen wurden kontrovers diskutiert, insbesondere im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit und die Einhaltung der Grundrechte.
  • Stuttgart 21-Proteste: Bei den Protesten gegen das Bauprojekt Stuttgart 21 wurden zahlreiche Demonstranten als Störer eingestuft, nachdem es zu Sachbeschädigungen und Blockaden kam. Die Polizei setzte Wasserwerfer und Pfefferspray ein, um die Situation unter Kontrolle zu bringen. Die rechtliche Bewertung der Maßnahmen war Gegenstand zahlreicher Gerichtsverfahren.
  • Loveparade-Katastrophe (2010): Bei der Loveparade in Duisburg kam es zu einer Massenpanik, bei der 21 Menschen starben und über 600 verletzt wurden. Im Nachgang wurden mehrere Verantwortliche als Zustandsstörer eingestuft, da sie für die mangelhafte Organisation und die unzureichenden Sicherheitsvorkehrungen verantwortlich gemacht wurden. Die rechtlichen Auseinandersetzungen zogen sich über Jahre hin.

Risiken und Herausforderungen

  • Verhältnismäßigkeit polizeilicher Maßnahmen: Ein zentrales Risiko bei der Inanspruchnahme von Störern besteht darin, dass die polizeilichen Maßnahmen nicht verhältnismäßig sind. Die Polizei muss stets abwägen, ob die gewählten Mittel geeignet, erforderlich und angemessen sind, um die Gefahr abzuwehren. Eine überzogene Reaktion kann zu rechtlichen Auseinandersetzungen und einem Vertrauensverlust in die Polizei führen.
  • Fehleinschätzung der Störereigenschaft: Eine weitere Herausforderung besteht darin, die Störereigenschaft korrekt zu bestimmen. Insbesondere bei komplexen Sachverhalten kann es schwierig sein, zu entscheiden, wer als Verhaltens- oder Zustandsstörer in Anspruch genommen werden kann. Eine falsche Einschätzung kann dazu führen, dass unschuldige Personen in Mitleidenschaft gezogen werden oder dass die Gefahr nicht effektiv abgewehrt wird.
  • Rechtliche Auseinandersetzungen: Die Inanspruchnahme von Störern kann zu rechtlichen Auseinandersetzungen führen, insbesondere wenn die Betroffenen die Maßnahmen der Polizei anfechten. Dies kann zu langwierigen Gerichtsverfahren führen, die sowohl für die Polizei als auch für die Betroffenen belastend sind. Zudem können Schadensersatzforderungen geltend gemacht werden, wenn die Maßnahmen als rechtswidrig eingestuft werden.
  • Eskalation von Konflikten: In einigen Fällen kann die Inanspruchnahme von Störern zu einer Eskalation von Konflikten führen, insbesondere wenn die Betroffenen die Maßnahmen der Polizei als ungerechtfertigt empfinden. Dies kann zu weiteren Störungen der öffentlichen Sicherheit führen und die Arbeit der Polizei erschweren. Eine deeskalierende Kommunikation ist daher von großer Bedeutung.
  • Dokumentation und Beweissicherung: Die Polizei ist verpflichtet, ihre Maßnahmen gegen Störer umfassend zu dokumentieren und Beweise zu sichern. Dies ist insbesondere bei rechtlichen Auseinandersetzungen von großer Bedeutung. Eine unzureichende Dokumentation kann dazu führen, dass die Maßnahmen vor Gericht keinen Bestand haben und die Polizei ihre Ziele nicht erreichen kann.

Ähnliche Begriffe

  • Gefährder: Ein Gefährder ist eine Person, von der aufgrund bestimmter Anhaltspunkte eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht, ohne dass bereits eine konkrete Störung vorliegt. Im Gegensatz zum Störer handelt es sich beim Gefährder um eine präventive Einstufung, die auf einer Prognose basiert. Die Polizei kann gegen Gefährder Maßnahmen ergreifen, um eine mögliche Gefahr abzuwehren, bevor sie eintritt.
  • Straftäter: Ein Straftäter ist eine Person, die eine Straftat begangen hat und dafür strafrechtlich zur Verantwortung gezogen wird. Während der Störer im polizeirechtlichen Sinne für eine Gefahr verantwortlich ist, bezieht sich der Begriff des Straftäters auf die Verletzung von Strafgesetzen. Die Polizei kann sowohl gegen Störer als auch gegen Straftäter vorgehen, wobei die rechtlichen Grundlagen unterschiedlich sind.
  • Ordnungspflichtiger: Der Begriff des Ordnungspflichtigen wird im Ordnungsrecht verwendet und bezeichnet eine Person, die für die Einhaltung der öffentlichen Ordnung verantwortlich ist. Im Gegensatz zum Störer, der eine Gefahr verursacht, ist der Ordnungspflichtige für die Beseitigung von Störungen zuständig, die bereits eingetreten sind. Die Verantwortlichkeit des Ordnungspflichtigen ergibt sich aus seiner rechtlichen oder tatsächlichen Beziehung zu einer Sache oder einem Zustand.

Zusammenfassung

Der Begriff Störer ist ein zentraler Begriff im polizeilichen Handeln und bezeichnet Personen, die durch ihr Verhalten oder einen gefährlichen Zustand eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung verursachen. Die Unterscheidung zwischen Verhaltens- und Zustandsstörer ist dabei von großer Bedeutung, da sie die rechtliche Verantwortlichkeit und die Auswahl der polizeilichen Maßnahmen bestimmt. Die Polizei ist befugt, gegen Störer vorzugehen, um die Gefahr abzuwehren, muss dabei jedoch stets den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten. Die rechtlichen Grundlagen finden sich in den Polizeigesetzen der Länder sowie im Bundespolizeigesetz, die die Voraussetzungen und Grenzen polizeilichen Handelns regeln. Die Inanspruchnahme von Störern kann in verschiedenen Bereichen erfolgen, von Veranstaltungen über Lärmbelästigungen bis hin zu Verkehrsstörungen. Dabei sind jedoch Risiken und Herausforderungen zu beachten, insbesondere im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen und die korrekte Bestimmung der Störereigenschaft.

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