English: Custody / Español: Custodia / Português: Custódia / Français: Garde à vue / Italiano: Custodia
Gewahrsam im Kontext der Polizei beschreibt die vorübergehende Unterbringung oder Freiheitsentziehung einer Person durch die Polizei, um eine Gefahr abzuwenden oder gesetzliche Maßnahmen durchzuführen. Es ist ein rechtlich geregeltes Mittel, das nur unter bestimmten Voraussetzungen angewendet werden darf.
Allgemeine Beschreibung
Gewahrsam ist eine Maßnahme, die im Polizeirecht und im Strafprozessrecht verankert ist. Sie dient dazu, entweder präventiv Gefahren abzuwehren oder repressiv die Durchführung von Ermittlungs- und Strafverfahren zu gewährleisten.
Es wird unterschieden zwischen:
- Polizeilicher Gewahrsam: Zur Gefahrenabwehr, etwa bei einer drohenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung.
- Strafprozessualer Gewahrsam: Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens, beispielsweise bei einer vorläufigen Festnahme gemäß § 127 StPO.
Der Gewahrsam muss verhältnismäßig und durch gesetzliche Grundlagen wie die Polizeigesetze der Länder oder die Strafprozessordnung gedeckt sein. Die betroffene Person ist dabei unverzüglich über die Gründe zu informieren, und in vielen Fällen ist eine richterliche Anordnung erforderlich, insbesondere bei längerem Gewahrsam.
Spezielle Aspekte
Gründe für Gewahrsam
- Gefahrenabwehr: Etwa wenn eine Person gewalttätig ist oder durch ihr Verhalten eine Bedrohung für sich selbst oder andere darstellt.
- Durchsetzung von Maßnahmen: Zum Beispiel, wenn jemand einer rechtmäßigen Identitätsfeststellung nicht nachkommt.
- Strafverfolgung: Bei Verdacht auf eine Straftat oder zur Sicherung von Beweismitteln.
Rechte der Betroffenen
- Recht auf Information über den Grund des Gewahrsams.
- Recht auf einen Anwalt.
- Recht auf Benachrichtigung eines Angehörigen oder einer Vertrauensperson.
- Schutz vor unangemessener Behandlung, wie in der Europäischen Menschenrechtskonvention und im Grundgesetz festgelegt.
Anwendungsbereiche
- Gefahrenabwehr: Unterbringung von Personen, die eine akute Gefahr darstellen, etwa bei alkoholbedingtem Kontrollverlust.
- Demonstrationen: Gewahrsamnahme von Personen, die gegen Auflagen verstoßen oder gewalttätig werden.
- Strafverfolgung: Vorläufige Festnahme von Tatverdächtigen bis zur Entscheidung eines Gerichts über weitere Maßnahmen.
- Jugendschutz: Gewahrsam von Minderjährigen, die sich in gefährlichen Situationen befinden oder deren Aufenthaltsort geklärt werden muss.
Bekannte Beispiele
- Platzverweis und Gewahrsam: Bei Großveranstaltungen wie Fußballspielen können Personen, die sich aggressiv verhalten, in Gewahrsam genommen werden, um Eskalationen zu verhindern.
- Erkennungsdienstliche Behandlung: Eine Person wird im Rahmen des Gewahrsams fotografiert oder ihre Fingerabdrücke werden genommen.
- Schutzgewahrsam: Ein stark alkoholisierter Mensch wird in Polizeigewahrsam gebracht, um ihn vor Selbstgefährdung zu schützen.
- Untersuchungsgewahrsam: Vorläufige Freiheitsentziehung bei Verdacht einer schweren Straftat.
Risiken und Herausforderungen
- Rechtswidrige Freiheitsentziehung: Ein Gewahrsam ohne ausreichende rechtliche Grundlage kann rechtliche Konsequenzen für die Polizei nach sich ziehen.
- Verhältnismäßigkeit: Die Maßnahme muss in jedem Fall angemessen sein, um Grundrechte nicht unverhältnismäßig einzuschränken.
- Konflikte während des Gewahrsams: Aggressive Personen oder unzureichend ausgestattete Einrichtungen können zu Schwierigkeiten oder Sicherheitsrisiken führen.
- Psychische Belastung: Der Aufenthalt im Gewahrsam kann für Betroffene eine traumatische Erfahrung darstellen, was auch die Polizei im Umgang berücksichtigen muss.
Ähnliche Begriffe
- Haft: Langfristige Freiheitsentziehung im Rahmen eines Strafverfahrens.
- Festnahme: Die kurzfristige Freiheitsentziehung, oft als erste Stufe vor dem Gewahrsam.
- Schutzgewahrsam: Gewahrsam zum Schutz der betroffenen Person, etwa bei Eigen- oder Fremdgefährdung.
- Verhaftung: Rechtsakt der Freiheitsentziehung auf richterliche Anordnung.
- Untersuchungshaft: Freiheitsentzug während eines laufenden Ermittlungsverfahrens zur Sicherstellung der Strafverfolgung.
Zusammenfassung
Im Polizeikontext beschreibt Gewahrsam die vorübergehende Freiheitsentziehung einer Person, um Gefahren abzuwehren oder Ermittlungsmaßnahmen zu sichern. Diese Maßnahme ist gesetzlich geregelt, erfordert eine sorgfältige Abwägung und ist an strenge Verhältnismäßigkeits- und Rechtsstaatlichkeitskriterien gebunden.
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