English: Wiretapping/Interception, Español: Interceptación/Escucha Telefónica, Português: Escuta Telefônica/Interceptação, Français: Écoutes/Interception, Italiano: Intercettazione
Abhören im Polizeikontext bezeichnet die gezielte und verdeckte Überwachung sowie Aufzeichnung von nicht öffentlich geführter Kommunikation durch staatliche Ermittlungsbehörden (Polizei und Staatsanwaltschaft). Es stellt einen schwerwiegenden Eingriff in das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses (Art. 10 GG) dar und ist daher nur unter strengen Voraussetzungen zulässig.
Allgemeine Beschreibung
Die Ermittlungsmaßnahme des Abhörens ist ein klassisches Instrument zur repressiven Strafverfolgung und dient der Gewinnung von Beweismitteln in schwerwiegenden Fällen:
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Ziel: Erlangung von Erkenntnissen über Täter, Tatplanungen, Tatmittel, Mittäter oder den Verbleib von Beweismitteln.
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Rechtsgrundlage: Die wichtigste Grundlage für das Abhören von Telefongesprächen (Telekommunikationsüberwachung – TKÜ) ist § 100a der Strafprozessordnung (StPO). Für das Abhören von Räumen (Akustische Überwachung) gelten die strengeren Regeln der §§ 100c, 100d StPO.
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Grundrechtsrelevanz: Da das Abhören das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung und das Fernmeldegeheimnis verletzt, ist es dem Richtervorbehalt unterworfen.
Anwendungsbereiche
Die Maßnahmen des Abhörens werden in der Strafverfolgung nur bei besonders schweren Straftaten eingesetzt:
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Telekommunikationsüberwachung (TKÜ): Das Überwachen und Aufzeichnen des Inhalts von Telefongesprächen (Festnetz und Mobilfunk) sowie weiterer Telekommunikationsdienste (z. B. Messenger-Dienste, E-Mail-Verkehr).
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Akustische Wohnraumüberwachung ("Großer Lauschangriff"): Die Überwachung und Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes in einer Wohnung. Aufgrund des besonders geschützten Grundrechts der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) ist dies an höchste Hürden geknüpft.
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Akustische Überwachung außerhalb von Wohnungen ("Kleiner Lauschangriff"): Das Abhören in Fahrzeugen, Büros oder anderen geschlossenen Räumen, die keine Wohnung darstellen.
Spezielles: Die Hürden des Richertervorbehalts
Die Rechtmäßigkeit des Abhörens ist von der Einhaltung strengster formeller Voraussetzungen abhängig:
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Richterliche Anordnung: TKÜ und die akustische Überwachung dürfen in der Regel nur durch richterliche Anordnung (auf Antrag der Staatsanwaltschaft) erfolgen. Bei Gefahr im Verzug darf die Staatsanwaltschaft (oder deren Ermittlungspersonen) dies vorläufig anordnen, die richterliche Bestätigung muss aber unverzüglich nachgeholt werden.
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Katalogstraftaten: Die Straftat, derer der Betroffene verdächtig ist, muss im Katalog des § 100a StPO aufgeführt sein (z. B. Mord, Bandendiebstahl, Organisierte Kriminalität, Terrorismus). Bei der akustischen Wohnraumüberwachung sind die Anforderungen noch höher.
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Subsidiarität: Die Maßnahme ist nur zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise (mildere Mittel) aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit).
Bekannte Beispiele
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Organisierte Kriminalität: Die Überwachung von Kommunikationswegen zur Aufklärung von Bandenstrukturen, Handel mit Betäubungsmitteln oder Geldwäsche.
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Terrorismusbekämpfung: Das Abhören von Kommunikationsanschlüssen mutmaßlicher islamistischer oder extremistischer Gefährder zur Verhinderung von Anschlägen.
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Wirtschaftskriminalität: Das Abhören von Gesprächen in Büros oder Firmenfahrzeugen zur Aufklärung von schwerem Betrug oder Korruptionsfällen.
Risiken und Herausforderungen
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Beweisverwertungsverbot: Wurde das Abhören rechtswidrig durchgeführt (z. B. ohne richterliche Anordnung oder bei Fehlen einer Katalogstraftat), können die erlangten Informationen einem Beweisverwertungsverbot unterliegen und dürfen im Gerichtsprozess nicht verwendet werden.
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Überwachungsstaat-Vorwurf: Der breite Einsatz von Überwachungsmaßnahmen führt zu öffentlichen und politischen Debatten über die Verhältnismäßigkeit staatlicher Kontrolle und die Einhaltung der Grundrechte.
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Zufallsfunde: Werden durch das Abhören zufällig Erkenntnisse über andere, nicht im Beschluss genannte Straftaten gewonnen, gelten strenge Regeln zur Verwertbarkeit dieser sogenannten Zufallsfunde.
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Technologische Entwicklung: Die ständige Entwicklung neuer Kommunikationsmittel (verschlüsselte Messenger, VPNs) stellt die Ermittlungsbehörden vor technische und rechtliche Herausforderungen bei der Umsetzung der Überwachung.
Ähnliche Begriffe
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Telekommunikationsüberwachung (TKÜ): Der Fachbegriff für das Abhören von Fernmeldeinhalten (§ 100a StPO).
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Verdeckter Ermittler: Eine Person, die unter einer Legende Informationen sammelt (wird oft durch Abhören unterstützt).
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Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ): Das Auslesen von Kommunikationsinhalten direkt auf dem Endgerät (auch bekannt als Staatstrojaner).
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Überwachung der Telekommunikation (Ü-Zelle): Das Erfassen der Verbindungsdaten (wer, wann, wo mit wem kommuniziert hat), ohne den Inhalt abzuhören.
Zusammenfassung
Abhören im Polizeikontext (fachlich TKÜ oder Akustische Überwachung) ist die verdeckte Überwachung und Aufzeichnung nicht-öffentlicher Kommunikation zur repressiven Aufklärung von Schwerstkriminalität. Die Maßnahme stellt einen tiefen Eingriff in die Grundrechte dar und ist daher strikt an den Richtervorbehalt, das Vorliegen einer Katalogstraftat und das Prinzip der Subsidiarität gebunden. Die zentrale Herausforderung liegt in der rechtskonformen Durchführung zur Vermeidung eines Beweisverwertungsverbotes.
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