English: Insanity defence / Español: Inimputabilidad / Português: Inimputabilidade / Français: Irresponsabilité pénale / Italiano: Inimputabilità
Unzurechnungsfähigkeit bezeichnet im polizeilichen Kontext den Zustand, in dem eine Person aufgrund einer psychischen Störung, eines geistigen Defizits oder einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung nicht in der Lage ist, das Unrecht ihrer Tat zu erkennen oder nach dieser Einsicht zu handeln. Im Strafrecht bedeutet dies, dass die betreffende Person nicht oder nur eingeschränkt für ihre Tat verantwortlich gemacht werden kann, was die Strafverfolgung und das polizeiliche Vorgehen beeinflusst.
Allgemeine Beschreibung
Unzurechnungsfähigkeit ist ein juristisches Konzept, das vor allem im Strafrecht Anwendung findet und besagt, dass Personen aufgrund ihres geistigen oder psychischen Zustands nicht für ihre Handlungen verantwortlich gemacht werden können. Die rechtliche Grundlage bildet § 20 des deutschen Strafgesetzbuches (StGB), der vorsieht, dass Personen, die aufgrund krankhafter Störungen, tiefgreifender Bewusstseinsstörungen oder geistiger Behinderungen im Tatmoment nicht zurechnungsfähig sind, als schuldunfähig gelten. Das hat zur Folge, dass sie nicht strafrechtlich verfolgt werden können, sondern häufig in psychiatrische Einrichtungen eingewiesen werden.
Für die Polizei hat die Feststellung oder Vermutung von Unzurechnungsfähigkeit bei einer verdächtigen Person weitreichende Konsequenzen. Die Beamten müssen in solchen Fällen besondere Vorsicht walten lassen und die Person gegebenenfalls in eine psychiatrische Einrichtung überstellen, anstatt eine reguläre Festnahme vorzunehmen. Zusätzlich können psychiatrische Gutachter zur Klärung der Zurechnungsfähigkeit hinzugezogen werden. Die Unterscheidung zwischen straffähigen und unzurechnungsfähigen Personen ist für die Polizei daher eine komplexe, aber wichtige Aufgabe, um angemessen auf die jeweilige Situation reagieren zu können.
Spezielle Vorgehensweisen der Polizei bei Verdacht auf Unzurechnungsfähigkeit
Beim Verdacht auf Unzurechnungsfähigkeit einer Person folgen Polizeibeamte besonderen Verfahren, um eine sachgerechte Handhabung sicherzustellen:
- Psychiatrische Begutachtung: Oft wird ein Gutachten durch einen Psychiater oder Psychologen angefordert, um den geistigen Zustand und die Zurechnungsfähigkeit der Person offiziell festzustellen.
- Schutzmaßnahmen und Deeskalation: Da unzurechnungsfähige Personen oft unberechenbar reagieren können, werden Deeskalationstechniken und möglichst schonende Maßnahmen angewendet.
- Überstellung in eine psychiatrische Einrichtung: Statt einer regulären Inhaftierung erfolgt häufig eine Überstellung in eine geschlossene psychiatrische Einrichtung, falls akute Fremd- oder Eigengefährdung besteht.
- Zusammenarbeit mit Psychiatrie und Sozialdiensten: In diesen Fällen arbeitet die Polizei eng mit Psychiatrieeinrichtungen und sozialen Diensten zusammen, um eine angemessene Betreuung sicherzustellen.
Anwendungsbereiche
- Gewalttaten unter Einfluss von psychischen Erkrankungen: Bei Delikten wie Körperverletzung oder Bedrohung, die möglicherweise im Zustand der Unzurechnungsfähigkeit begangen wurden.
- Drogeneinfluss: Wenn Personen unter Drogeneinfluss handeln und dadurch unzurechnungsfähig sind, wird oft eine temporäre Unzurechnungsfähigkeit angenommen.
- Vorfälle im öffentlichen Raum: Störungen der öffentlichen Ordnung durch unzurechnungsfähige Personen, bei denen die Polizei mit besonderem Feingefühl vorgehen muss.
- Selbst- oder Fremdgefährdung: Fälle, in denen Personen aufgrund psychischer Störungen eine akute Gefährdung darstellen und ärztliche Hilfe benötigen.
Bekannte Beispiele
Ein bekanntes Beispiel im polizeilichen Kontext ist der Einsatz bei Personen, die aufgrund einer psychotischen Episode gewalttätig werden. In solchen Situationen stellt die Polizei zunächst fest, ob eine Fremd- oder Eigengefährdung vorliegt und überführt die Person gegebenenfalls in eine psychiatrische Einrichtung. Ein weiteres Beispiel ist die Einweisung von Personen, die unter schweren Drogen- oder Alkoholeinfluss stehen und dadurch vorübergehend unzurechnungsfähig sind, da sie die Konsequenzen ihrer Handlungen nicht erfassen können.
Risiken und Herausforderungen
Die Einschätzung der Unzurechnungsfähigkeit ist für die Polizei herausfordernd, da sie schnelle Entscheidungen unter oftmals unklaren Umständen treffen muss. Es besteht das Risiko, dass Personen mit ernsthaften psychischen Störungen als straffähig eingeschätzt werden, was zu Fehlentscheidungen führen kann. Zudem kann die unzurechnungsfähige Person selbst oder unbeteiligte Dritte durch unkontrollierbares Verhalten gefährdet werden. Ein weiteres Problem besteht darin, dass die Polizei oft in akuten Situationen handeln muss, ohne Zugang zu vollständigen Informationen über die Krankengeschichte oder den mentalen Zustand der Person.
Ähnliche Begriffe
- Schuldunfähigkeit: Allgemeiner Begriff im Strafrecht, der besagt, dass eine Person für eine Straftat aufgrund bestimmter Umstände nicht verantwortlich ist.
- Psychiatrische Begutachtung: Untersuchung durch einen Psychiater, um die psychische Verfassung und Zurechnungsfähigkeit einer Person zu beurteilen.
- Verminderte Schuldfähigkeit: Zustand, in dem die Person teilweise, aber nicht vollständig zurechnungsfähig ist und ihre Schuld daher gemindert wird.
- Unterbringung: Gerichtlich angeordnete Einweisung in eine psychiatrische Einrichtung zum Schutz der Allgemeinheit oder der Person selbst.
Zusammenfassung
Unzurechnungsfähigkeit bezeichnet im polizeilichen Kontext die fehlende Verantwortlichkeit einer Person für ihre Taten aufgrund einer psychischen Störung oder Bewusstseinsstörung. Für die Polizei bedeutet dies besondere Vorsicht bei Festnahmen und Ermittlungen sowie häufig die Zusammenarbeit mit psychiatrischen Einrichtungen. Die Feststellung der Unzurechnungsfähigkeit spielt eine wichtige Rolle für den weiteren rechtlichen Umgang mit der betroffenen Person.
--