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English: Police Brutality/Police Violence, Español: Violencia Policial, Português: Violência Policial, Français: Violences Policières, Italiano: Violenza Poliziesca

Polizeigewalt im Polizeikontext ist ein umgangssprachlicher und oft kritischer Begriff, der rechtswidrige oder unverhältnismäßige Anwendung von physischem Zwang (Gewalt) oder anderen Zwangsmitteln durch Polizeibeamte bezeichnet. Im deutschen Recht wird dieser Begriff nicht offiziell verwendet; stattdessen spricht man von der Anwendung unmittelbaren Zwangs oder dem Missbrauch von Befugnissen.

Allgemeine Beschreibung

Der Begriff Polizeigewalt steht im Spannungsverhältnis zum staatlichen Gewaltmonopol und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit:

  1. Staatliches Gewaltmonopol: Die Polizei ist die einzige staatliche Institution (neben anderen Vollzugsbehörden), die berechtigt ist, rechtmäßig Zwang auszuüben (unmittelbarer Zwang, § 8 ff. PolG/UZwG).

  2. Rechtmäßige Anwendung: Die legitime Anwendung von Zwang (z. B. Festhalten einer Person, Schusswaffengebrauch in Notwehr) ist keine Polizeigewalt im kritischen Sinne, sondern rechtmäßiger Vollzug.

  3. Kritische Bedeutung: Polizeigewalt meint die rechtswidrige Anwendung von Gewalt, die in einem strafbaren oder disziplinarrechtlich relevanten Fehlverhalten der Beamten mündet (z. B. Körperverletzung im Amt).


Anwendungsbereiche

Der Vorwurf der Polizeigewalt kann in verschiedenen Einsatzbereichen entstehen:

  • Festnahmen und Festhalten: Unverhältnismäßiger Einsatz von Handschellen, übermäßiger Druck oder Schmerzgriffe beim Transport oder Festhalten einer bereits gesicherten Person.

  • Einsätze bei Demonstrationen: Unkontrollierter Einsatz von Schlagstöcken, Pfefferspray oder Wasserwerfern, der sich nicht gegen tatsächliche Störer richtet, sondern gegen friedliche Demonstranten.

  • Personenkontrollen und Durchsuchungen: Der Einsatz von körperlicher Gewalt zur Erzwingung von Kooperation, wenn mildere Mittel noch nicht ausgeschöpft sind oder wenn die Kontrolle selbst rechtswidrig ist.


Spezielles: Rechtliche Einordnung

Die rechtswidrige Anwendung von Gewalt durch einen Polizeibeamten erfüllt in Deutschland in der Regel folgende Tatbestände:

  • Körperverletzung im Amt (§ 340 StGB): Ein Amtsträger (Polizeibeamter) verletzt eine andere Person körperlich oder an der Gesundheit. Dies ist ein qualifiziertes Delikt mit höherem Strafmaß als eine einfache Körperverletzung.

  • Nötigung (§ 240 StGB): Erzwingen einer Handlung, Duldung oder Unterlassung durch Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel, wenn die polizeiliche Maßnahme nicht durch eine gesetzliche Befugnis gedeckt ist.

  • Strafrechtliche Verfolgung: Jeder Anfangsverdacht auf ein solches Delikt muss durch die Staatsanwaltschaft ermittelt werden (Legalitätsprinzip). Die Ermittlungen gegen Beamte werden häufig durch unabhängige Dienststellen oder andere Polizeibehörden geführt, um den Vorwurf der Befangenheit zu vermeiden.


Bekannte Beispiele

  • Exzessive Gewaltanwendung: Einzelfälle, in denen Beamte nach einer bereits abgeschlossenen Fesselung oder Fixierung eines Täters oder Störers weiterhin physische Gewalt anwenden.

  • Unverhältnismäßige Zwangsmittel: Der Einsatz von Schlagstöcken bei lediglich passiv Widerstand leistenden Personen, obwohl eine sanftere Wegweisung möglich wäre.

  • "Beweismittelsicherung": Vorwürfe, dass Polizeikräfte bei Großeinsätzen die Dokumentation von Gewaltanwendung durch Bürger oder eigene Beamte behindern.


Risiken und Herausforderungen

  • Vertrauensverlust: Der Vorwurf der Polizeigewalt zerstört das Vertrauen der Bevölkerung in die Rechtsstaatlichkeit und die Integrität der Sicherheitsbehörden.

  • Interne Aufarbeitung: Die Herausforderung, die neutrale und transparente Aufklärung von Vorwürfen sicherzustellen, da oft "Kollegen gegen Kollegen" ermitteln.

  • Belastung der Beamten: Rechtswidriges Handeln einzelner Beamter gefährdet die Akzeptanz und die Sicherheit der großen Mehrheit der rechtmäßig handelnden Polizisten.

  • Verhältnismäßigkeitsprüfung: Die Schwierigkeit für Beamte, in dynamischen, gefährlichen Situationen stets die Grenze zur Unverhältnismäßigkeit zu erkennen und einzuhalten.


Ähnliche Begriffe

  • Unmittelbarer Zwang: Der rechtmäßige Oberbegriff für die Anwendung körperlicher Gewalt und anderer Zwangsmittel durch die Polizei.

  • Körperverletzung im Amt: Der strafrechtliche Tatbestand, der bei rechtswidriger Gewaltanwendung greift.

  • Übergriff: Ein umgangssprachlicher Begriff für ein rechtswidriges Vorgehen der Polizei.

  • Verhältnismäßigkeit: Das Prinzip, dessen Verletzung der Kern der Polizeigewalt ist.


Zusammenfassung

Polizeigewalt ist der kritische Begriff für die rechtswidrige oder unverhältnismäßige Anwendung von Zwang durch Polizeibeamte. Sie steht im Gegensatz zum rechtmäßigen unmittelbaren Zwang und stellt in Deutschland in der Regel den Straftatbestand der Körperverletzung im Amt dar. Die Aufklärung und Verfolgung solcher Vorwürfe ist essenziell für die Legitimität der Polizei und die Wahrung des Vertrauens in den Rechtsstaat.

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